Artikel vom Autor, aus FMT Sonderheft Segelflug 02.2000

Berechnung, Konstruktion und Auslegung von Horten-Nurflügelmodellen mit dem Windowsprogramm "Laschka-Professional"

Das Programmm wird von mir nicht mehr vertrieben. Ich verweise auf Freewareprogramme von Ranis und Möller. Trotzdem erhalte ich an der Stelle den Artikel, um die Berechnung eines Hortenmodelles exemplarisch aufzuzeigen und für Modellflieger die vieleicht den "Laschka" selbst programmieren möchten.

Horten-Nurflügelmodelle üben immer noch einen großen Reiz auf einige Modellflieger aus. Das ästhetische Flugbild des stark zugespitzten Flügels, ohne vertikale Steuerflächen, ist einfach genial. Viele Hortenpiloten behaupten, nur dieses sei der echte Nurflügel. Die gesamte Flugstabilität kommt allein aus der Geometrie und Schränkung des Flügels. Im Asiatischen Raum gibt es den Vergleich: Je mehr man wegläßt, um so vollkommener wird es. Sollte es beim Hortenmodell genauso sein? Welchen Grundgedanken verfolgte Reimar Horten, als er in den 30er Jahren diese Art von Flugzeugen konstruierte und baute, die bis heute ihren Reiz nicht verloren haben? War er als Flugzeugkonstrukteur zur damaligen Zeit, einer Zeit weit voraus? Ersten Kontakt zu Horten Nurflügel bekam ich 1993 in Versmold. . Dort traf ich Alfons Gabsch. Er hat wohl die meiste Bauerfahrung mit Hortenmodellen und perfektionierte die Auslegung und den Bau des Hortenflügels. Bald beschlossen wir ein Programm zur Berechnung zu erstellen, wobei ich programmierte und Alfons nach diesen Rechnungen Flugmodelle baut. Hans Meyer entwickelte die Profile HM50 und HM50T speziell für den Hortenflügel. Weitere Nurflügelfreunde gesellten sich zu uns und im Laufe der Jahre entstanden durch unsere Nurflügelgruppe viele Modelle und das Computerprogramm "Laschka-Professional" wurde durch etliche Ideen sehr umfangreich. Aber das wichtigste ist, wir haben immer wieder die praktische Bauerfahrung mit den Rechenergebnissen des Programmes verglichen. Heute sind wir in der Lage einen gut fliegenden Nurflügel mit dem Computer zu konstruieren, der zudem auch noch reproduzierbar ist. Das soll nicht heißen, das solch ein Programm die Praxis ersetzt. Es ist vielmehr ein Werkzeug, bis zu einem gewissen Punkt eine Voraussicht zu schaffen, ohne gleich bauen zu müssen.

Einige Punkte die der Konstrukteur am Nurflügel mit Laschka Professional berechnen kann. Welche Daten müssen zur Berechnung eines Flügels in das Programm eingegeben werden?

Wie erfolgt die Datenausgabe?
Alle ermittelten Rechnungen können grafisch dargestellt und auch ausgedruckt werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit die Rechenergebnisse per OLE (Object Linking und Embending) direkt Excel zu übergeben, damit der Benutzer seine eigenen grafischen Darstellungen mit Excel erstellen kann. Ausnahme ist die Leistungsrechnung, hier kann eine Darstellung der Rechenergebnisse nur mit Excel erfolgen. Natürlich können die Modelldaten gespeichert werden.

Zum weiteren Verständnis möchte ich nur die wichtigsten Grundbegriffe nennen:

Auslegungs-Ca:
Verwindungswinkel: .
Nullauftriebswinkel:.
Anstellwinkel gesamt:.
Profilwirkungsgrad:
Glocke:
Eta's:
CA-Vorgabe
Alfav
Alfa0
Alfagesamt
Profilkonstante c
Exponent der Auftriebsverteilung sin3
Rechen-Stützstellen in % der Spannweite
Örtliche Beiwerte
Auftrieb: .
Widerstand: .
Nullmomentenbeiwert: .

Gesamt Beiwerte des Flügels.
Nickmoment:.
Rollmoment:.
Giermoment:.
Gesamtauftrieb: .
Gesamtwiderstand:.

ca
cwi
cm0



CMN
CL
CN
CA
CWI

Warum Glockenauftriebsverteilung?
Dieser Begriff beschreibt die glockenförmige Form der Auftriebsverteilung. In Verbindung mit einer starken Zuspitzung des Flügels und den Schränkungswinkeln der Glockenauftriebsverteilung wird erreicht, daß der Außenflügel eine wesentlich geringere ca-Belastung hat. Außerdem bekommen wir ein negatives örtliches cwi am Außenflügel. Alle Konstruktionsmerkmale zusammen beseitigen das negative Wendemoment, welches den Kurvenflug behindert. Weiterhin werden Strömungsabrisse am Außenflügel ausgeschlossen. Ein richtig ausgelegtes Hortenmodell senkt im überzogenen Zustand nur die Nase und nimmt dann wieder Geschwindigkeit auf. Eines darf bei der positiven Betrachtung allerdings nicht fehlen! Die Glockenauftriebsverteilung hat gegenüber der elliptischen Auftriebsverteilung einen um ca. 30% schlechteren Wirkungsgrad (K-Faktor).

ca/cwi

Zum Rechenverfahren.
Der Name kommt nicht von ungefähr. Prof. Boris Laschka und Friederich Wegener veröffentlichten 1959 in der Zeitschrift "Flugwissenschaft" ein einfaches Traglinienverfahren (auf der T1/4 Linie) zur Berechnung der Auftriebsverteilung an gepfeilten Flügeln. Es beruht im wesentlichen auf der Prandtlschen Traglinientheorie, die durch Truckenbrodt, Weissinger und Multhopp übernommen und in neue Theorien umgewandelt wurde. Mit dem Multhoppverfahren ist es nicht möglich, gepfeilte Flügel zu berechnen. Prof. Laschka erweiterte das Multhoppverfahren um die Korrektur des Pfeileinflußes.

Das Programm Laschka Professional
Herzstück des Programmes ist ein sogenannter Gauss Algorithmus, mit dem das Gleichungssystem gelöst wird. Zwei Grundaufgabenstellungen können berechnet werden: Hier interessiert uns jetzt nur der zweite Punkt um unsere Hortenglocke zu erzeugen.

Dieses Horten-Beispielmodell soll berechnet werden.

FMT-Modell

Nachdem alle relevanten Daten des Modells eingegeben wurden, berechnet das Programm per Knopfdruck die Hortenglocke. Als Ergebnis bekommt man die Schränkungswinkel an den 16 Stützstellen, Eta's genannt. Diese Stützstellen kann man aus der Rechnung als Bauwinkel in seiner Hortenkonstuktion übernehmen. Zum richtigen Schwerpunkt ist zu sagen, daß das Programm zwar den Schwerpunkt errechnet, aber es hat sich eine Schwerpunktlage von 32,15% der Halbspannweite (T1/4-Linie), wie in der Zeichnung, für die Hortenglocke als praktikabel erwiesen. Mit dem Schwerpunkt aus der Rechnung würde das Modell eventuell etwas zu schwanzlastig. Für den Erstflug liegt man mit 32,15% auf alle Fälle im sicheren Bereich. Der Hochstarthaken für den Windenhochstart sollte 10 mm vor dem Schwerpunkt angebracht werden.

Schraenkungsverteilung

Tabelle zur Grafik Schränkungsverteilung

Eta's %Spw. t / mm Alfav° Alfav mm
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
0,0000
0,0980
0,1951
0,2903
0,3827
0,4714
0,5556
0,6344
0,7071
0,7730
0,8315
0,8819
0,9239
0,9569
0,9808
0,9952
1,0000
340,00
316,48
293,18
270,33
248,16
226,86
206,66
187,75
170,29
154,48
140,45
128,34
118,27
110,33
104,61
101,16
100,00
0,00
0,40
0,63
0,77
1,04
1,47
2,07
2,82
3,70
4,64
5,59
6,47
7,23
7,78
8,15
8,24
8,24
0,00
2,20
3,22
3,63
4,50
5,82
7,46
9,24
11,0
12,5
13,7
14,4
14,9
14,9
14,8
14,5
14,3

Mit dem nächsten Schritt werden die Ruder mit Hilfe der Klappenrechnung dimensioniert. Die folgende Ruderanordnung ist am Hortenmodell sinnvoll: Querruder / Höhenruder und Wölbklappen. Warum Wölbklappen? Mit Hilfe des Rechenprogrammes fand Alfons Gabsch heraus, das man mit einem zugemischten, gleichsinnigen Wölbklappenausschlag nach unten, das sogenannte negative Gieren, welches den Kurvenflug behindert, am Hortenmodell vollständig beseitigt. Etliche Modelle wurden sofort mit dieser Steuertechnik ausgerüstet. Tatsächlich bestätigte sich die Rechnung auch am praktischen Modell. Es fliegt besser um die Kurve. Diese Auslegung wurde im Oktober 1997 anläßlich des Nurflügelsymposiums in Scheidegg vorgestellt.

Folgende Ruderausschläge ergeben sich durch die Klappenrechnung: Querruder: Ausschlag differenziert 3° nach unten, 8° nach oben. Wölbklappen: Ausschlag 2° nach unten den Querrudern zugemischt.

Im letzen Schritt befassen wir uns mit der im Programm integrierten Leistungsrechnung. Hier bringen wir jetzt Profilpolaren ein, um das geringste Sinken und das beste Gleiten zu berechnen. Diese Rechnungen sind natürlich mit Vorsicht zu genießen, da es eine sehr theoretische Betrachtungsweise ist. Auch sollte man wissen, daß sehr umfangreiche Interpolationen zwischen den Profilen erforderlich sind, die nicht gerade die Genauigkeit der Rechnung fördern. Aber zum Vergleich zwischen möglichen Profilen kann eine erste Abschätzung der Leistungsfähigkeit des Modells bereits auf dem Rechner erfolgen. Basis ist die Polarenrechnung "Winprof-Professional" von Ludwig Wiechers, Windkanalpolaren, oder Polaren anderer Herkunft. Sie sollten innerhalb des Flügels natürlich immer gleicher Herkunft sein.

Bei unserem Beispielmodell ergeben sich ganz ordentliche Werte in der Leistungsrechnung. Das Modell kann gebaut werden.

Modellpolaren

Jetzt sind Sie dran, lieber Leser! Wann bauen Sie Ihren Hortenflügel?

Fazit:
Die im Computerprogramm enthaltene einfache Traglinientheorie von Laschka/Wegener eignet sich hervorragend zur Berechnung planarer Flügel, wie das bei Hortenflügeln der Fall ist. Rechnen minimiert den Experimentieraufwand erheblich. Allerdings sollte sich der zukünftige Nurflügelkonstrukteur etwas mit der Theorie beschäftigen. Die Bedienung des Programmes bedarf der Übung, da es sehr umfangreich ist. Die Grenzen der Laschka-Theorie liegen da, wo Panel-Methoden ansetzen, bei räumlichen Flügelgeometrien wie zum Beispiel beim Stromburg-Konzept. Das Programm ist käuflich zu erwerben. Hier die technischen Mindestvoraussetzungen:

Hardware:
Betriebssystem:
Weiterhin:
Polarenrechnung:
Pentium 133
MS-WIN95/NT
MS-Excel 6.0 für die Leistungsrechnung
Winprof-Professional

Literaturhinweise:
Karl Nickel / Michael Wohlfahrt, Schwanzlose Flugzeuge, Birkhäuser Verlag Nurflügel, von Reimar Horten, H. Weishaupt Verlag
Laschka/Wegener, Z.Flugwiss. 7 (1959), Heft 2, Artikel DK 533.691.11.013.13.045.2