Entwicklung und Konstruktion eines Flugsaurier in Aramid-Waben-Sandwichbauweise





Nach fast dreijähriger Bau-und Entwicklungszeit ist er jetzt fertig - der neue Flugsaurier "Pteranodon". Grundlage dieser Konstruktion war es, alle bisher gemachten Erfahrungen in das Projekt einzubringen. Es sollte ein Modell entstehen, welches ein Optimum an Flug- und Steuereigenschaften erreicht und den Einsatz als Hangsegler erlaubt. Aerodynamische Auslegung: Die Spannweite legte ich auf ca. 4m fest. Dabei ergibt sich eine ausreichende Flügeltiefe- was für eine hohe re-Zahl spricht-für Nurflügel besonders wichtig. Das Gewicht sollte 5kg nicht überschreiten- bei einen E-Modell dieser Größe sicherlich ein guter Wert.

Für die Wahl der Auftriebsverteilung gibt es leistungsmäßig betrachtet nicht viel zu überlegen- elliptisch natürlich. Die Flügelform entspricht dabei schon weitgehend dieser Forderung. Offensichtlich gibt es in der Natur einen Zusammenhang zwischen optimaler Aerodynamik und Ästhetik. Für die Profilierung ist ein Profil mit positiven cmo erforderlich , da man ja kein Leitwerk hat. Im Flügelaußenbereich erfolgt ein Strak auf ein Profil mit cmo = 0 , da hier infolge des kleineren re- Wertes das Innenprofil keine guten Leistungen erreicht. Zur Anpassung der Nullauftriebswinkel ist eine geometrische Schränkung von 2,5° erforderlich. Die aerodynamische Schränkung bleibt dabei bei 0°.

Steuerung:
Zur Steuerung sind kombinierte Höhen- Querruder / Spreizklappen vorgesehen. Nur durch diese Speizklappenfunktion ist das, bei dieser Auftriebsverteilung deutlich ausgeprägte negative Wendemo ment, zu kompensieren.Beim Kurvenflug wird daher am kurveninneren Flügel, zusätzlich zur Querruderfunktion noch ein Widerstandsmoment aufgemischt. Da die Spreizklappen am Außenflügel, am langen Hebelarm arbeiten, kann sehr effizient gesteuert werden, letztlich wesentlich widerstandsärmer als mit einem Seitenleitwerk am kurzen Hebel. Durch die Aufspreizung der Ruder wird die Quer- Höhenruderfunktion nicht beeinträchtigt. Es kann somit beliebig ein Widerstandsmoment überlagert werden. Aus aerodynamischer Sicht ist diese Art der Steuerung absolut optimal. Warum sie sich im Flugzeugbau bis auf wenige Ausnahmen ( B2-Bomber) nicht durchsetzen konnte,ist vor allem der  schwierigen Bauausführung und der Schwingungsgefahr durch die abgehende Wirbelschleppe zuzuschreiben.

Spreizklappe in Funktion, das Querruder ist "in sich" getrennt, jede Hälfte wird von einem Servo bedient. Erhebliche Probleme bereitete mir die Programmierung, meiner für solche Experimente wohl nicht gedachten Fernsteuerung (mc16). Lösen konnte ich das Problem nur durch den Einbau von zwei separaten Mischern am Empfängerausgang.


Spreizklappen haben denVorteil, daß sie sich in die normalen Quer-/ Höhenruder einbauen lassen. Diese Ruder liegen damit nicht in den verwirbelten Nachstrom einer Bremse. Ein Quer-/ Höhenruderausschlag kann damit beliebig und ungestört mit einer Bremswirkung überlagert werden. Leider haben diese Bremsen (neben der schwierigen Bauausführung) den Nachteil, daß sie die Ruder zu Vibrationen durch die abgehende Wirbelschleppe anregen können. Dies kann nur durch einen leichten aber trotzdem ausreichend steifen Aufbau vermieden werden. Die Waben-Sandwich-Bauweise ist dafür gut geeignet.

Der Kopf:
Der Kopf mit seinem langen Knochenkamm, stellt auf den ersten Blick ein Problem dar. Schließlich erzeugt er durch seine Fläche vor dem Schwerpunkt ein destabilisierendes Moment. Welche Bedeutung mag der Knochenkamm für ein geradezu perfekt an ein Leben in der Luft angepaßtes Tier wohl gehabt haben ? Man hat vermutet, daß der Auswuchs zur Richtungsteuerung dient. Doch dies erscheint recht unwahrscheinlich, da ein Flugtier durch Verwindung der Flügel wesentlich effektiver steuern kann. Dennoch muß diese Kopfform dem Saurier Vorteile verschafft haben, denn es erscheint widersinnig, einem derart spezialisierten Geschöpf einen so hinderlichen Zierrat zuzuschreiben.


Der Kamm am Kopf des Tieres:
Keine Zierde,sondern eine aerodynamische Notwendigkeit Nach meiner Meinung dient der Kamm als aerodynamische Ausgleichsfläche zum Schnabel und damit zur Gewichtseinsparung. Diese zunächst verblüffende Feststellung wird verständlich , wenn man bedenkt, daß die Halsmuskeln, die zusätzlich nötig gewesen wären, um den langen Schnabel im Flugwind geradeaus zu halten, weit mehr gewogen hätten als der sehr dünne Knochenkamm. Demnach müßte sich der Kopf - ähnlich einer Windfahne - immer in Strömungsrichtung drehen. Ein einfaches Styropormodell des Pteranodon-Kopfes bestätigte diese Vermutung. Auf diese Weise läßt sich das destabilisierende Moment beachtlich verringern. Dies war die Lösung des Problems. Nun stand dem Bau nichts mehr im Wege.


Versuche im "Windkanal" zur Optimierung der Kopfform

Konstruktion:
Schaut man sich die Flügelform an , so stößt man bei der konstruktiven Umsetzung nur auf Schwierigkeiten. Offenbar hat die Natur als Designer nicht an die Modellbauer gedacht. Zunächst ist zu überlegen, wie bei diesen gebogenen Flächen eine ausreichende Biege- und Torsionfestigkeit zu erzielen ist. Meine bisherigen Konstruktionen waren als Holm- Rippenkonstruktion in Holzbauweise ausgeführt, die aber bei dieser Flügelform hinsichtlich der Festigkeit und Profiltreue schnell an ihre Grenzen stößt. Die einzige Bauweise um die anfallenden Kräfte aufzunehmen ist eine Schalenkonstruktion in GFK mit Waben als Stützmaterial. Nur so ist das Gewichtslimit von 5kg einzuhalten.


Aufbau des Wabensandwich: Außenlaminat 1x 25g u.1x49g Glas - 1,5mm Wabe - Innenlaminat 1x49g Glasgewebe. Trotz des geringen Materialeinsatzes, wird eine ausreichende Festigkeit erzielt. Es sind also für Flügel, Rumpf,Kopf und Füße Formen zu bauen. Doch vorher ist natürlich erst ein genaues Urmodell zu erstellen. Alles in allem ein recht hoher Aufwand. Doch anders ist das Projekt nicht zu realisieren.


Nach einigen Jahren, hunderten von Stunden Bauzeit und einigen tausend Mark, welche der Bau des Urmodells und der nicht gerade kleinen Formen verschlungen hatte, konnte ich endlich mit den Aufbau des Wabensandwich beginnen. Doch auch hier waren wieder Kostolanys drei " G"s (Glück,Geduld,Geld) erforderlich bis es schließlich gelang einen Flügel aus der Form zu holen. Doch das Ergebnis überraschte positiv : nur 790g wog der fertige Flügel ( der zweite sogar nur 715g). Obwohl ohne Hautholm aufgebaut ( nur drei Styro Hilfsholme) ist die Festigkeit der Schalenkonstruktion mehr als ausreichend. Vor allem die Torsion läßt keine Wünsche offen.

Die Realisierung der Spreiz-,Quer-,Höhenruderklappen ist bei diesen Schalenbauweise  leicht möglich. Durch ein CFK - Rohr in jeder Spreizklappe wird eine ausreichende Festigkeit erreicht. Diese Bauweise stellt aus konstruktiver Sicht ein Optimum dar. Leider spricht der hohe Materialpreis und nicht zuletzt der enorme Zeitaufwand für die Herstellung des Wabensandwich gegen eine weite Verbreitung im Modellbau.


Die Einzelteile des Modells

Fertigstellung:
Nachdem auch der Rumpf mit ca 800g (einschließlich Holmbrücke) sich als Leichtgewicht zu erkennen gab, konnte mit den Einbau des E-Antriebes begonnen werden. Die Klappluftschraube am Heck  von 15``x 10`` ,wird über eine Fernwelle angetrieben. Ein Zahnrad getriebe von 3,3 : 1 dient als Kupplung zum E-Motor (Ultra 1300/9). In den Hals des Saurier passen genau 21 NC-Zellen mit 2400 mAh saugend rein. Die Standstromaufnahme berägt ca 20 A was einer Eingangsleistung von reichlich 500 W entspricht - bei den guten Wirkungsgrad des Heckantriebes völlig ausreichend.


E-Motor mit Getriebe

Der Erstflug:
Obwohl ich schon einige seltsame Flugobjekte in die Luft gebracht habe, ist der Erstflug doch immer ein bewegendes Ereignis. Gerade bei diesen Modell, welches durch den Aufbau über Urmodell und Form einen enormen Bauaufwand darstellt und gleichzeitig kaum Korrekturmöglichkeiten bietet, ist der Erstflug ein "alles oder nichts". Also ging ich Sonntag früh 5 Uhr ( um sicher zu stellen , daß keine Zuschauer anwesend sind) auf den Flugplatz und entschloß mich zum Start. Nach dem Anstecken des Griffstückes übergab ich den Saurier im Laufschritt  per Handstart seinen Element. Nach der Freigabe flog er völlig problemlos dahin als währe es das Selbstverständlichste auf der Welt. Einige Trimmkorekturen und Ruderbewegungen überzeugten mich auch bald davon, daß ich ihn "lebend" auf der Erde zurüchholen kann, doch daran war vorerst nicht zu denken. Die Motorleistung war mehr als ausreichend. Schon nach einer weiten Platzrunde hatte das riesige Tier die Größe einer Schwalbe angenommen. Nach dem Abschalten des Motors zeigte sich, daß er durchaus auch ganz ansprchende Segelflugambitionen besitzt. Die sich anschließende Landung verlief ohne Probleme.


Nach dem Handstart löst sich das Griffstück Es waren noch einige Testflüge notwendig um die Schwerpunktlage und die Ruderabstimmung zu optimieren. Das Modell ist nicht- wie sonst oft bei Nurflügel - schwerpunktempfindlich. Diese Eigenschaft ist der stabilisiernden Wirkung des tief hängenden Rumpfes zuzuschreiben, welche weiterhin noch für einen sehr komfortablen Kurvenflug sorgt. Die Querruderwirkung in Kombination mit der Aufspreizung (gemischt) ist sicher und direkt. Eine genaue Justierung der Spreizkalppen ist allerdings erforderlich um Momente um die Querachse zu vermeiden. Wie erwartet ist ein Kurvenflug nur mit Querruder also ohne Aufspreizung nahezu unmöglich es stellt sich dann nur ein Schiebeflug ein. Die Flugleistungen sind für einen Einsatz als Hangsegler bei mittleren Windgeschwindigkeiten völlig ausreichend. Für die Landung ist aber eine Graspiste unbedingt erforderlich. Steht die Trimmung etwas auf "Tief",so kommt das Modell recht flott herein und überrascht mit einen erstaunlichen Gleitwinkel,so daß man sich schon fast eine Landehilfe in Form einer Bremsklappe wünscht. Dabei ist diese  Brems lappenfunktion mechanisch schon vorhanden, kann aber mit meiner Fernsteuerung nicht programmiert werden - gemeint ist die Umkehrung der Aufspreizung ( beide Spreizklapen im Geradeausflug  geöffnet, beim Einkurven am kurvenäuseren Flügel geschlossen ). Die Flugstabilität wird dabei sogar noch erhöht, da durch den Widerstand an den Flügelenden die Gierdämpfung sich vergrößert - ein für die Landung sehr nützlicher Nebeneffekt.

Schlußbetrachtungen:
Dieses Modell ist nun der Höhepunkt und (vorläufige) Abschluß meiner Entwicklungen in dieser Richtung. Eine weitere Optimierung erscheint mir mit vertretbaren Aufwand kaum möglich. Durch die Fertigung aller Formen besteht die Möglichkeit, in relativ kurzer Zeit ,das Modell zu reproduzieren, falls dies notwendig ist. Einen Einsatz als Hangsegler ua. auch im Hochgebirge, mit seinem schwierigen Wetterverhältnissen, steht somit nichts mehr im Wege. Inzwischen hat der Flugsaurier schon zahlreiche Flüge absolviert. Ein einzigartiges Flugbild bietet sich dem Betrachter, wenn er langsam am Himmel seine Kreise zieht, den Schnabel öffnet und ab und zu einen "Urschrei" ausstößt. - Wer kann nun noch behaupten, die Flugsaurier seien vor Millionen von Jahren für immer von dieser Erde verschwunden?




Einsam zieht der letzte Flugsaurier am Abendhimmel seine Kreise

Technische Daten: